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DER HACKER IST TOT - ES LEBE DER HACKER


Es war einmal eine Zeit, in der es Geschöpfe gab, die sich Hacker nannten. So kann man heute ansetzen eine Zeit zu beschreiben, die eigentlich noch nicht abgeschlossen ist, deren Ende sich aber abzeichnet.

Als 1984 der Begriff "Hacker" erstmals durch die BRD-Medien geisterte, ahnte wohl noch niemand, was in den folgenden Jahren passieren würde. Heute kennen wir sie alle, die vielpublizierten und vermarkteten Geschichten über "Einbrüche" in Rechenzentren vom heimischen Computer aus.

Die Medien übernahmen nur zu gern das Bild des "Robin Data", das die Hacker von sich entwarfen (Motto: "Wir wollen nur das Beste...."). Jedes öffentliche Kommunikationsmedium in diesem und in anderen Ländern hat sein Teil dazu beigetragen, und meist noch kräftig selber an dem Bild mitgepinselt.

Verkannt wurde oft eine der Hauptmotivationen: Spaß haben. (Vielen Dank, Vic, daß du immer darauf hingewiesen hast).

Der Chaos Computer Club - als ein Hauptsammelpunkt der Hacker in der Bundesrepublik - teilt sich in eine 'politische' und eine 'technische' Gruppe. Letztere waren die eigentlichen Aktiven, während die Anderen die Tätigkeiten der Techniker den Medien darlegten und erläuterten (Simultandolmetsch fachchinesisch-deutsch).

Im Lauf der Zeit entstand zwischen diesen beiden Gruppen eine Kluft. Die 'Politiker' hatten sich - vor die Entscheidung gestellt, sich entweder Anforderungen und Ansprüchen von außen zu beugen oder an der Technik zu bleiben - für gestellte Anforderungen entschieden. Sie gingen Kompromisse ein, die mit den ursprünglichen Zielen nicht mehr vereinbar waren (z.B. der Einsatz eines unter Datenschutz- wie Programmier-Aspekten vollkommen unzulänglichen Mailboxprogramms; der Beschluß, die Mitgliederliste zu veröffentlichen; die Ausgrenzung von Einzelnen und ganzen Personengruppen).

Das führte dazu, daß immer mehr der 'Techniker' die Gruppe verließen. Praktisch findet sich heute kaum noch jemand, der bereit ist, Arbeit in diesen chaotisch-organisierten Haufen zu stecken (abgesehen von Andy, dessen Arbeit man gar nicht hoch genug halten kann). Indiz dafür ist auch, daß die großen deutschen Hacks (NASA, KGB) - jedenfalls direkt - nichts mit dem Club zu tun hatten; wenn auch möglicherweise einige der Beteiligten keine unbekannten Gesichter in den verschlossenen Räumen der Schwenckestraße waren.

Gerade diesen beiden großen Hacks aber zeigten auch deutlich, daß diese Richtung falsch ist. War der BTX-Hack 1984 noch eine Aktion gewesen, um auf die Fehler dieses Systems aufmerksam zu machen, so ging der NASA-Hack schon bedenklich in Richtung eines omnipotenten Gefühle-Auslebens via Computer und Datennetze.

Die ganze KGB-Geschichte - soweit sie denn bisher bekannt ist - zeigt deutlich, daß Einzelne bereits zu weit gegangen sind und ihre Besitzgier mit ihrem Computer-Knowhow verknüpft haben. Es kann nicht angehen, daß Hacker - deren Philosophie nach Levy unter anderem auch den Satz "mistrust authority" enthält - bedeutet, für Autoritäten, hier eben in Form des KGB, zu arbeiten.

Das nächste, das den Tod des Hackers besiegelt, ist die Tatsache, daß durch die undifferenzierte Gesetzgebung Hackeraktivitäten unter Strafe gestellt worden sind. Das hat, soweit sich das beobachten läßt, Auswirkungen in der Scene gehabt. Hat man früher zwischen dem Abendessen und einem Video am Abend mal eine VAX auf- und wieder zugemacht, so unterdrückt man heute schon den Wunsch, auf der neuen Cray-2 im Hamburger Geomatikum ein paar Apfelmännchen zu rechnen.

Es ist merklich ruhiger geworden. NUI's liegen auch nicht mehr so wie früher in der Luft, rNUAs werden gehütet wie das Familiensilber. Das, was der vielzitierte Otto Normaluser unter einem Hacker versteht, nämlich jemanden, der in "fremde Rechnersysteme eindringt", stirbt aus.

Bleiben wird eine Geisteshaltung, die zum einen bewirkt, daß man erstmal mit einer neuen Technik spielt (und dabei Dinge entdeckt, die eigentlich gar nicht gehen), ehe man die Bedienungsanleitung liest, und zum anderen dazu führt, daß man schon vorher abwägt und überlegt, welche Folgen der Einsatz einer neuen Technik haben könnte.

Bleiben werden also die drei grossen K's, die aber nicht wie bisher Kinder Kirche Küche bedeuten, sondern Kritisch Kreative Kommunikation.

Asterix/LABOR

 

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